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10. Aug. 2005 SFDRS 10 vor 10
David gegen Goliath
(>>15. August 2005: Stadler hat zum 3ten mal den Zuschlag erhalten!! siehe unten)

Im Kampf um einen Auftrag der ungarischen Staatsbahnen in der Höhe von rund 700 Millionen Schweizer Franken stehen sich die verhältnismässig kleine Thurgauer Bahntechnikfirma Stadler und der gigantische multinationale Grosskonzern Bombardier gegenüber. Noch ist nicht entschieden, welche der beiden Firmen am Schluss gewinnt.
 

  • Sie können sich diesen Teil von 10 vor 10 hier anschauen:
    Scrollen Sie die Seite runter zu: [David gegen Goliath]. 
    • 2 x schon hat Peter Spuhler und seine Stadler AG den Zuschlag erhalten, Bombardier rekurrierte erfolgreich .
    • Jetzt läuft die 3te Runde. Bombardier drohte mit der Schliessung seiner beiden Werke in Ungarn und bot den Unterhalt der Züge für 1 Cent / Jahr an. Was machte Stadler? >>Fernsehreklame!! Das ist das erst Mal, dass ein Hersteller über TV direkt an die zukünftigen Fahrgäste gelangt.
  • diese Fernsehreklame ist: 
    • das neue Element im Kampf um den Zuschlag
    • eine neue Figur (TV Werbung) auf dem Schachbrett, mit völlig anderen "Zugregeln"
      = aus nichts wurde etwas erzeugt 
      (siehe auch: "The Art of the Advantage: 36 Strategies to Seize the Competitive Edge" von Kaihan Krippendorf S. 184.)
  • Presse + Öffentlichkeit wurden auf den Fall aufmerksam 
  • War sich Stadler Rail "ihres Strategems" bewusst? Wie auch immer: das Strategem kann -kennt man die zugrunde liegenden Muster- leicht ausgemacht werden. Die 36 Strategeme sind "Vorlagen", abertausende von Interaktionen hoch verdichtet, abstrahiert, damit man in ähnlich liegenden Fällen (einer mega Bandbreite) zu schnellen Lösungen mit grösstmöglicher Erfolgsgarantie gelangt: 
    • Beispiel V-ZUG: Fernsehwerbung ist bei Waschmaschinen zwar nichts Neues. Die schalten die anderen Hersteller ebenso. Martina Hingis war auch nicht die erste "Figur" aus dem Sport in der TV Werbung (siehe nächster Abschnitt). Neu waren die völlig überraschenden, ungewohnten Spielzüge: Martina Hingis wusch ihre Wäsche selbst. Die Kampagne schlug ein wie eine Bombe. Die halbe Schweiz schüttelte ungläubig den Kopf: eine Figur die auf dem Schachbrett Purzelbäume schlug?? Resultat: der Umsatz stieg 2004 um 20%!! 
    • der erste bekannte "WerbeSportler" war Bernhard Russi, lang ist's her, mit Subaru. Aber bei ihm bestand ein direkter Zusammenhang Person / beworbenes Produkt*.  Und auch bei Roger Federer, DJ Bobo und Emmi ist das jetzt wieder so.   
      *der Subaru fährt ebenfalls auf 4 Rädern in die Berge, allenfalls rutscht es etwas weniger wegen 4x4. Der Russi-Subaru Deal entspricht auch dem Strategem 29: "Einen Baum mit Blumen schmücken". Subaru kannte schweizweit nur ganz wenige, Bernhard Russi alle. Die Japan Autos hatten noch kein Image, Bernhard Russi ein ausgezeichnetes. 

weitere Infos:

  • aus Die WELT.de 9. Aug. 2005 

    Schweizer Stadler AG kommt immer mehr zum Zug

    Eidgenossen werden zum ernstzunehmenden Rivalen für Bombardier, Siemens & Co. - Werk bei Berlin wird ausgebaut

    von Nikolaus Doll

    Budapest/Berlin - Zweimal hatte es Peter Spuhler fast geschafft - und doch kam er nicht zum Zug. Längst denkt der CEO und Inhaber des Schienenfahrzeugherstellers Stadler AG eher mit Unbehagen an die Flirts in Budapest. Denn was nach einer Romanze an der Donau klingt, ist tatsächlich ein knallhartes Ringen um einen millionenschweren Auftrag der ungarischen Staatsbahnen MAV. Jedesmal, wenn die MAV den Schweizern den Zuschlag über Züge des Typs Flirt (Flinker Leichter Innovativer Regional Triebzug) erteilt hatte, monierten Mitbewerber die Ausschreibung. Das Verfahren mußte seit März immer wieder neu aufgerollt werden.

    Doch nicht das monatelange Tauziehen ließ die Branche aufhorchen, sondern das offensive Auftreten der Schweizer: David Stadler mischt zunehmend bei den großen Geschäften der Goliaths Bombardier, Siemens oder Alstom mit. Immer öfter setzt er sich sogar durch, wie sich dann am 4. August zeigte: Da flatterte ein Schreiben der MAV in die Stadler-Zentrale und bestätigte nun zum dritten Mal den Zuschlag über 30 S-Bahnzüge für Budapest. Volumen plus Option auf weitere 30 Wagen. Volumen: 700 Mio. Franken - der größte Auftrag in der Firmengeschichte. Der Mitbieter Bombardier wird wohl wieder protestieren.

    Doch längst ist den Stadler-Rivalen klar geworden: Der Bahnbauer aus Bussnang bei Zürich muß ernstgenommen werden. Die Stadler AG rühmt sich selbst, "weltweit Marktführer bei Zahnradbahnen" zu sein. Der Chef war früher Kapitän des Eishockeyteams von "Grashoppers Zürich".

    Doch die eidgenössische Idylle trügt. "Stadler nimmt uns Aufträge in einer Größenordnung ab, die weh tut", sagt ein Bombardier-Mann, und schiebt hinterher: "Aber jetzt müssen die erst mal beweisen, daß sie das alles auch produzieren können, was sie an Land gezogen haben."

    Die Weichen hat Stadler offenbar gestellt. Im oberpfälzischen Weiden haben die Schweizer eine Tochter gegründet, um dort künftig Neuwagen zu bauen. 50 Jobs sollen dort in naher Zukunft entstehen. Und das Werk Velten bei Berlin wird kräftig ausgebaut. "Wir investieren in den Standort bis 2006 rund vier Mio. Euro in neue Fertigungslinien", verkündet Michael Daum, COO und zuständig fürs Deutschlandgeschäft. Denn Stadler will die großen Drei auch auf ihrer bislang ureigenen Domäne attackieren: dem Bau von Straßenbahnen.

    Stadlers Einstieg ins Tramgeschäft habe gut geklappt, meint Daum. Zuletzt wurden 36 Wagen nach Bochum und sechs nach Nürnberg geliefert. Insgesamt stehen 45 Wagen im Auftragsbuch, dazu eine Option auf 35 weitere. "Das Straßenbahngeschäft soll zu einer der drei Säulen des Unternehmens werden. Künftig wollen wir ein Drittel unseres Umsatzes mit Trambahnen machen", sagt der Deutschland-Chef.

    2004 lag der Gesamtumsatz von Stadler bei 350 Mio. Euro, für dieses Jahr ist dieselbe Größenordnung angepeilt. Zwischen 2001 und 2004 haben die Schweizer den Umsatz um das zweieinhalbfache gesteigert - und stets schwarze Zahlen geschrieben. Ein Grund für den Erfolg von Stadler ist die saftige Mitgift von Bombardier aus dem Jahr 2001. Damals machte die EU-Kommission den Kanadiern vor der Adtranz-Übernahme die Auflage, den Schweizern als Starthilfe in Deutschland Exklusivlizenzen für mehrere Zugtypen zu überlassen - darunter für das Erfolgsmodell Vario-Bahn. Stadler hat die Anschubhilfe gut genutzt und zeigt sich äußerst flexibel bei Miniaufträgen mit geringsten Losgrößen. "Wir liefern 80 Gelenktriebwagen an die Schweizer Staatsbahn SBB ebenso wie drei RegioShuttles an die Bodensee-Oberschwaben Bahn", sagt Daum. "Es ist ein Fehler, die jungen Privatbahnen geringzuschätzen. Die Erfurter Industriebahn startete beispielsweise mit rund sechs Wagen. Heute fahren die mit 50 RegioShuttles - und alle sind von uns."

    Und da sind die flachen Hierarchien, die Stadler wendig machen - wie der "Klo-Coup" bewies, der Daum allerdings viel Spott eingebracht hat. Denn als einer der letzten Hersteller für Bahntoiletten Insolvenz anmelden mußte, entschied er postwendend, die Vakuum-WCs ab sofort selbst zu produzieren. "So konnten wir pünktlich liefern", sagt Daum.
    Artikel erschienen am Di, 9. August 2005
    www.welt.de/data/2005/08/09/757372.html

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